Zartes Blättern

Schön, schön, schön. Herbst lässt sein braunes Band wieder flattern und so.

Ich komme aus dem Nachtdienst, es war der entspannteren einer und ich habe Brötchen gekauft für meine werten Mitbewohnerinnen und Mitbewohnerinos. Ich freue mich, die frisch in ihr Tütchen verpackten Luftbrotminiaturen an ihren vorbestimmten Platz, den Küchentisch, zu verbringen. Welch erhebendes Gefühl, den lieben schon vor deren Erwachen eine kleine Freude vorzubereiten. So muss sich eine stolze Hausfrau und Mutter im Sinne der mittleren 50er-Jahre fühlen. Habe letztens in der WG meiner Chefin (wenn eine gewisse R. Mal meine kleine Chefin war und eine gewisse M. auch, nur dass sie größer war und soweit ich weiß zur Stunde immer noch ist, dann scheint mir nur konsequent, die im Folgenden erneut erwähnte Person als meine Chefin zu bezeichnen, was mir auch einen gewissen Anker in der Gesellschaft und somit einen Identitätsgewinn bringt, denn ich habe mit der Organisation, bei der ich angestellt bin, um wie z.B. im bereits erwähnten Nachtdienst meine und auch, gelegentlich, meiner Mitbewohner Brötchen zu verdienen, gar wenig zu tun, man könnte gar sagen, wir haben uns auseinander gelebt, was durch die rein auf SMS und Briefe reduzierte Kommunikation ihrerseits, meiner Meinung nach ausreichend klar wird – außerdem wird so die Analogie zwischen Schülervertretung und Fachschaft gewahrt) einen lustigen Auszug aus einem Ratgeber-Magazin für Hausfrauen aus der erwähnten Epoche gelesen und ob seiner Absurdität in Erinnerung behalten.

Es wird dort geraten, den nach Hause kommenden Ehemann zu verwöhnen, die Kinder aufzuhübschen, nicht zu laut zu sprechen und unter anderem ein kühles Getränk bereitzuhalten. Zudem werden noch zwei mir sehr brisant erscheinende Hinweise gegeben: Erstens solle man selber guter Laune sein. Wie ist dies zu bewerkstelligen? Wird hier das Klischee des stark trinkenden, zu Antidepressiva greifenden Vorzeigeweibes encouragiert (dies ist tatsächlich ein deutsches Wort)? Zweitens solle man vermeiden, den heimkommenden Gatten, der den Arbeitskummer gerade erfolgreich hinter sich gelassen hat, mit seinen eigenen Problemen zu belasten, jetzt sei nicht die Zeit dafür. Wann dann? Nach Verrichtung der ehelichen Pflichten? Es war geil, Thorsten, mein Leben kotzt mich übrigens derbst an? Wohl kaum. Allein, aber nicht nur, schon wegen der rüden Wortwahl Vielleicht im Urlaub oder bei der Zeugnisverleihung des Erstgeborenen. Das böte sich an. Hmm.

Jedenfalls war der Tag, er begann gestern um 15.00 Uhr und endet heute hoffentlich bereits gegen 18.00 Uhr, bisher sehr gut, unter anderem, weil unser ehemaliger Mitbewohner T. endlich mal wieder, wenn auch viel zu kurz, in Gießen war, was schön ist.

Schönes schlummert auch anderwo. Ich habe vor zwei Stunden eine von Schulter bis Fuß mit Eigenkot beschmierte Frau gereinigt und dabei die Vorzüge von Hautreinigungs-Spray kennen gelernt. Denn eingetrocknetes Verdauungsmaterial ist dann doch recht beständig gegen normale Reinigungsversuche mit Wasser. Tolle Produkte für atemberaubende Situationen. Think different for tomorrow – right now! Das „now“ muss man sich jetzt so lustig unterstrichen vorstellen, so oh-da-hat-wohl-echt-einer-selber-unterstrichen-hier-mäßig, wo kein Mensch drauf reinfällt. Die haben doch Maschinen, die diese Plakate nach dem Druck nochmal unterstreichen, Galileo wird bestimmt bald zeigen, dass durch die Hintergrundvibration der taktisch nahen A 5 die Unterstreichung stets einige Angström von der Norm abweicht. Super Konzept, die Umgebung zum Vorteil einer aufstrebenden Industrie zu benutzen. Im Geiste verbrüdert mit Erdwärme. Aber ich schweife ab.

Der Tag ist herbstig. Blätternder Kot, der anwesende Krankenpfleger wurde beim Laubharken von einem Insekt gestochen, so dass seine Wange enorm anschwoll und bald wird man wieder verträumt rumstehen und über die Bedeutung von in Pfützen eingefrorenen Blättern sinnieren. Ich freu mich schon. Das wird nämlich auch schön.

So, jetzt noch die Lieben wecken, sich kurz freuen, weil man den beginnenden Tag des anderen schon voll angezogen und vorbereitet erleben darf und dann auf in die Uni und darauf gefasst sein, jederzeit schöne Dinge an unvermuteter Stelle zu entdecken. Was unlogisch klingen mag, aber man muss ja nicht alles so furchtbar genau nehmen.

1 Kommentar zu “Zartes Blättern”

  1. UnregisteredPete schrieb:
    November 23rd, 2009 at 20:30

    Hm hm Brötchen lecker.

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